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Was ist Widerklage?
Zulässigkeit der Widerklage – Statthaftigkeit:
Zulässigkeit der Widerklage – Örtliche Zuständigkeit:
Zulässigkeit der Widerklage – Sachliche Zuständigkeit:
Zulässigkeit der Widerklage – Konnexität:
Sonderkonstellationen – Drittwiderklage:
Vorschussfreiheit der Widerklage:
Sehr geehrter Herr Konert,
leider habe ich keinen Weg gefunden, Sie anderweitig zu kontaktieren, deswegen frage ich hier einmal (ich hoffe das ist ok und Sie kriegen einen Kommentar unter einem 1,5 Jahr alten Podcast-Folge vll sogar noch mit :))
Ich habe soeben Ihre Folge zur Widerklage gehört und da eine Frage:
Ich habe es so gelernt, dass wenn der Sachverhalt der Widerklage mit dem der Klage verwandt ist, dass man den von Ihnen präferierten gemischten Aufbau verwenden soll.
Wenn der Sachverhalt allerdings nicht verwandt ist (was zB bei der isolierten Drittwiderklage oft der Fall ist), macht es mE überhaupt keinen Sinn es zu mischen (wie Sie ja auch sagen) aber ich habe schon mehrere Klausuren gesehen, wo dann nicht etwa die Konnexität zu problematisieren war. Konnexität ist ja wie § 273 BGB und da sagt man ja auch in letzter Konsequenz „nahezu alle Ansprüche die die Parteien gegeneinander haben“, jedenfalls haben Sie selbst gesagt, dass Sie noch nie einen Fall gesehen haben, wo die Konnexität der Widerklage abgelehnt wird.
Nun hatte ich gerade vorgestern in einer Probeklausur den Fall einer Widerklage: Es ging in der Klage um einen deliktischen Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten wegen eines Tanzunfalls und der Beklagte hat Widerklage erhoben und einen deliktischen Anspruch aus einem Verkehrsunfall der einen Monat vor dem Tanzunfall stattgefunden hat geltend gemacht.
-> Warum sollte ich in so einem Fall den gemischten Aufbau verwenden? Das führt ja zum reinsten Chaos, unstreitiges zum Tanzunfall und zum Autounfall direkt nacheinander im Tatbestand darzustellen
-> Ich habe in der Klausur keinen Zweifel daran gehabt, die Konnexität zu bejahen. Ich habe die Klausur noch nicht wiederbekommen aber der gesamte Sachverhalt hat nicht den Eindruck erweckt, dass mit der Widerklage etwas nicht stimmen könnte (es wurde in der mündlichen Verhandlung auch verhandelt zur Widerklage etc), also da hätte ich mir unnötig Probleme abgeschnitten wenn ich da die Konnexität abgelehnt hätte und alles im Hilfsgutachten gemacht.
Deshalb frage ich Sie, ob Sie das vielleicht noch ein wenig präzisieren können. Ich bin nämlich mit der Devise „sachverhalt verwandt? -> gemischter Aufbau“ / „Sachverhalt unterschiedlich/unabhängig –> getrennter Aufbau“ sehr gut gefahren und die Konnexität war noch nie ein Problem (wie Sie zu Beginn in der Folge sagen, an der Konnexität scheitert es eigentlich nie).
Da ich aber in allen anderen Themen bisher sehr begeistert von Ihrer Herangehensweise bin, bin ich nun bzgl Widerklage extrem verunsichert, ob ich ständig Konnexitäten annehmen die gar nicht existieren oder ohne Not einen getrennten Aufbau verwende (mir fällt es immer noch sehr schwer, den Autounfall und den Tanzunfall als verwandten Sachverhalt anzusehen bzw. warum sollte ich hier die Konnexität ablehnen?)
Ich bedanke mich herzlich und würde mich freuen, falls Sie die Zeit finden, auf meine Fragen einzugehen.
Beste Grüße
Alexander Krämer, Referendar in Hessen
Hallo Herr Krämer,
Sie werfen interessante Fragen auf. Ich habe hoffentlich deutlich genug gemacht, dass ich den gemischten Aufbau empfehle, der andere Aufbau aber auf keinen Fall falsch ist. Daher können Sie ihn auch verwenden, wenn Sie ihn für zweckmäßig halten und es mag Fälle geben, in denen er sich besser eignet, ich bin jedoch noch keinem begegnet, bei dem ich das guten Gewissens gesagt hötte. Haben Sie zufällig den Klausurfall als .pdf (vorausgesetzt natürlich, dass es sich nicht um ein Dokument handelt, welches Ihrer Verschwiegenheitspflicht unterliegt)? Wenn die Datei nicht der Verschwiegenheitspflicht unterliegt und zum Beispiel öffentlich einsehbar ist, schicken Sie mir den Link, dann würde ich in einer ruhigen Minute mal die zwei Tatbestandsvarianten entwerfen und schauen, welcher mir besser gefällt.
Ansonsten können Sie mir auch das Ausgabedatum mitteilen, ich würde dann die hessischen Kollegen im Rahmen der ELAN-Ref Tagung in zwei Wochen fragen, ob ich diese Problematik einmal im Rahmen des Podcasts besprechen kann.
Mit den besten Grüßen aus Halle
Christian Konert
Lieber Herr Konert,
vielen Dank für Ihre schnelle Antwort. Morgen findet die Besprechung der Klausur statt, danach kann ich genaueres berichten. Allerdings habe ich durch Lektüre der Randbemerkungen schon mitbekommen, dass in diesem Fall wohl tatsächlich die Konnexität abgelehnt wurde und ich persönlich grundsätzlich bisher den Fehler gemacht habe, mit dem Konnexitätserfordernis viel zu großzügig umzugehen. Warum nun allerdings trotz fehlender Konnexität in der Klausur das Ganze als Widerklage bezeichnet und auch austenoriert wurde, verstehe ich noch nicht so hundertprozentig und bin auf die morgige Besprechung gespannt.
Anscheinend ist die Widerklage auch ohne Konnexität immer dann als Widerklage zulässig und auch zu bezeichnen, wenn man die örtliche Zuständigkeit des Gerichts der Klage auch anderweitig für die Widerklage begründen kann? Mir persönlich kommt dann das Erfordernis der Konnexität nach § 33 ZPO ein bisschen überflüssig vor und ich verstehe die Auffassung der Rechtsprechung diesbezüglich nicht. Da leuchtet die der Literatur schon eher ein, welche (glaube ich) besagt, dass § 33 einfach nur einen zusätzlichen Gerichtsstand liefert, man aber jederzeit mit jeglichem Inhalt eine Widerklage gegen eine Klage erheben kann – natürlich solange die Aktiv- und Passivlegitimation der jeweiligen Forderung passt.
Letztlich hat die Verwirrung dazu geführt, dass ich einen großen Fehler meinerseits aufgedeckt habe und es sich deshalb auch gelohnt hat. In der kurzen Anmerkung des Korrektors die ich vor der Besprechung bekommen habe, hat sich dieser selbst bei von ihm bescheinigter Null-Konnexität gewundert, dass ich den getrennten Aufbau im Tatbestand verwendet habe ?! Wirklich kurios!
Es handelt sich hierbei um einen Landgerichts-internen Sachverhalt (bezeichnet als „ZI-17“ – glaube aber kaum dass das eine bundesweite Nomenklatur ist?) ich werde mal morgen fragen, ob der ggf. an Sie zur Verwertung im Podcast weitergeleitet werden kann.
Denn immerhin ist er insoweit kurios, als keine Konnexität angenommen aber trotzdem letztlich eine Widerklage ausgeurteilt und damit offenbar auch zulässig akzeptiert wird. Das haben Sie in Ihrem Podcast aber eigentlich als im Prinzip unmöglich ausgeschlossen, soweit ich das nicht falsch verstanden habe.
Ich entschuldige mich auch, falls meine Ausführungen diesbezüglich etwas verwirrend sind, das spiegelt nur meine eigene Verwirrtheit ob dieser Angelegenheit wider.
In jedem Fall aber herzlichen Dank für Ihr Engagement, der Podcast ist wirklich klasse! Und zusätzlich erneut vielen Dank dafür, dass Sie auch auf derartige Rückfragen ausführlich eingehen.
Liebe Grüße
Alexander Krämer
Lieber Herr Konert,
heute war die Klausurbesprechung und da habe ich eine für mich persönlich – beschämenderweise – völlig neue Erkenntnis gemacht.
Ich habe – ehrlicherweise auch nach Anhören Ihrer Podcastfolge zur Widerklage – immer gedacht, dass in der Praxis bei Nichtvorliegen der Konnexität dann auch Schluss ist (dann müsse nach § 145 II ZPO abgetrennt werden).
Tatsächlich ist es aber jedenfalls in jedem Klausurfall so, dass selbst wenn die Konnexität nicht vorliegt (so wie auch hier – Tanzunfall und Autounfall sind gänzlich voneinander unabhängig) man trotzdem eine Widerklage zu bearbeiten hat, da gem. § 295 I ZPO der Widerbeklagte nichts gerügt hat und es dementsprechend einfach weitergeht, wenn der Richter von sich aus nicht abtrennt (was er in einem Klausursachverhalt logischerweise nie tut, wenn das Ziel ist, die Widerklage abzuprüfen).
Ich weiß nicht, ob Sie die Thematik mit rügeloser Einlassung nach § 39 ZPO wenn man § 33 ZPO zur Begründung der örtlichen Zuständigkeit braucht und eben § 295 I ZPO um über die vom BGH geforderte besondere Prozessvoraussetzung der Widerklage „Konnexität“ hinwegzugehen in Ihrem Podcast aufgegriffen haben, ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern und habe beim schnellen Durchskippen gerade es auch nicht gefunden, in den Shownotes steht dazu auch nix.
Für mich hat sich meine exorbitante Verwirrung damit gänzlich aufgeklärt und die Sachlage gestaltet sich wie folgt:
Wenn Konnexität vorliegt, dann ist die besondere Prozessvoraussetzung der Widerklage erfüllt und (parallel) ebenfalls örtliche Zuständigkeit des Gerichts für die Widerklage nach § 33 ZPO begründet.
Wenn Konnexität nicht vorliegt, wird mE in 100 % aller Klausurfällen die Problematik über § 295 I ZPO bzw. § 39 ZPO für die Zuständigkeit dahingehend zu lösen sein, dass man die Widerklage genauso behandelt, als wenn Konnexität vorläge.
Für mich gehört damit zu jedem Prüfungsschema einer Widerklage, dass man noch eben einen (gedanklichen) Punkt macht „§ 39 / § 295 I ZPO bei nicht Vorliegen der Konnexität?“
Ich bin geradezu euphorisch, dass sich meine Verwirrung so „einfach“ hat auflösen lassen. Damit ist mE die Klausurrelevanz dieses Konnexitätserfordernisses noch geringer als sowieso schon angenommen.
Ich habe den für den Klausurenkurs zuständigen Richter gefragt ob ich den Sachverhalt weitergeben kann und er meinte „Besser nicht, jedenfalls kann ich keine offizielle Erlaubnis geben aber meist ist es besser gar nicht zu fragen, weil man sonst eine negative Antwort provoziert“.
Da Sie ja im Zweifel derjenige wären, der das Ganze in Form einer etwaigen Podcast Folge „halb“ öffentlich macht, überlasse ich Ihnen die Entscheidung gerne selbst. Aber wenn Sie nur anhand des Falls einen Test-Tatbestand bauen möchten, spricht mE nichts dagegen, wenn ich Ihnen den Sachverhalt zukommen lasse. Sollte da Interesse bestehen, lassen Sie es mich gerne per E-Mail wissen.
Ich danke Ihnen, dass ich anhand dieser Kommentarspalte und Ihrer Entgegnung das Problem nun (hoffentlich) gänzlich durchdrungen und verstanden habe.
Beste Grüße
Alexander Krämer